Dokumentarisches

Es gibt eine Tradition, künstlerische und dokumentarische Fotografie voneinander zu trennen. Tatsächlich liegt der Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen in zwei Faktoren begründet. Der erste ist der Ansatz, die Intention des Fotografen, dem es beim künstlerischen Foto vordringlich um das Bild in seiner ästhetischen und formalen Erscheinung und erst in zweiter Linie um den Inhalt geht. Beim dokumentarischen Foto dagegen geht es dem Fotografen vordringlich um die konservierende Darstellung von Abläufen oder Zuständen und - wenn überhaupt - erst in zweiter Linie um ästhetische Momente. Aus diesem Grunde ist auch der Betrachter bereit, dokumentarischer Fotografie technische und formale Unzulänglichkeiten nachzusehen, die für ein künstlerisches Foto vernichtend wären. Damit ist dann aber auch schon klar, dass sich die beiden Bereiche der Fotografie keinesfalls gegenseitig ausschließen. Wo nicht gänzlich abstrahiert wird, hat auch jedes künstlerische Foto gleichzeitig einen dokumentarischen Aspekt und dokumentarische Fotos können sehr wohl künstlerische Qualitäten aufweisen. Insgesamt neige ich in meinem fotografischen Schaffen mehr der künstlerischen Seite zu, doch immer wieder einmal verfolge ich auch dokumentarische Anliegen. Dabei bemühe ich mich, genau diese Verschmelzung zu erreichen, inhaltlich-dokumentarisch angelegte Bilder zu schaffen, die gleichwohl technisch einwandfrei künstlerisch-ästhetischen Kriterien genügen. Einen wichtigen Schritt für die Entwicklung meiner Haltung gegenüber dokumentarischer Fotografie stellt die hier weiter unten präsentierte Fotoserie dar, die ich vor vielen Jahren in London mit der AGFA ISO-Rapid IF aufgenommen habe.

Einige Beispiele „dokumentarischer” Fotografie

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Aldgate East und Umgebung

Bilder aus London

Die hier vorgestellte Bilderserie entstand vor vielen Jahren bei einem meiner Besuche in London. Mit leichter Ironie betitelte ich sie nach dem Ausgangspunkt meiner Erkundungen, dem Stadtteil Aldgate East im Osten Londons. Alle Aufnahmen entstanden mit einer Agfa ISO-Rapid IF im Aufnahmeformat 24x24mm. Es war der Kontrast zu den Ansichten aus dem Zentrum Londons, der mich faszinierte. Schönheit, ästhetische Qualität im Verfall zu entdecken, den Kontrast zwischen verfallender Altsubstanz und der Pseudopracht architektonischer Neuschöpfungen herauszustellen, die Tristesse bestimmter Lebensumgebungen zu dokumentieren, das waren Anliegen, die während des Entstehens dieser Aufnahmeserie aufkeimten. Diese Bilderserie, in der viele der quadratischen Bilder in der von mir damals gern geübten Weise auf eine Kante gestellt sind (leider muss ich sie hier aus technischen Gründen seitlich gekippt zeigen), markiert für mich den Beginn der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen den dokumentarischen und den ästhetischen Aspekten von Fotografie.


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