Das ostfriesische Platt

Für viele Ostfriesen definiert sich ihre Identität über die Regionalsprache. Dennoch behandeln sie sie im Alltagsgebrauch insofern recht stiefmütterlich als sie jene Faktoren, die zum weiteren Sprachverfall beitragen, billigen und befördern anstatt etwas zu tun für den Erhalt und die Förderung ihrer Sprache, wie es doch andererseits immer wieder von ihnen eingefordert wird. Daneben gibt es seit langem eine weitgehend abgehobene akademische sowie eine heimattümelnd-lokalpatriotische Debatte über den Zustand und die Zukunft des ostfriesischen Platt, die eigenständige, bis heute spürbar vom Friesischen beeinflusste Variante des Niederdeutschen. Dabei eignet allen Beteiligten ein erhebliches Maß an traditionalistisch verbrämter Verbohrtheit, die sie jeden Versuch, dem Gedeihen dieser Sprache Förderliches auf eine vielleicht unkonventionelle, vom Gewohnten abweichende Weise zu tun, bis heute vehement ablehnen lässt anstatt jeden noch so geringen Versuch im Interesse der Sache zu begrüßen. Diese Haltung habe auch ich zu spüren bekommen, als ich um 1975 herum begann, einen Vorschlag für eine verbesserte Schreibweise des ostfriesischen Platt zu entwickeln. Ich tat dies zunächst, um für eigene literarische Versuche , die Möglichkeiten der Verwendung des ostfriesischen Platt auszuloten. Bei diesem Bemühen war ich nämlich massiv aufmerksam geworden auf die Unzulänglichkeit der bis dahin - und darüber hinaus bis heute - gängigen, am Deutschen orientierten, Schreibweise, die nicht annähernd den wirklichen Lautstand wiederzugeben vermag und darüber hinaus die grammatische Struktur weitgehend verschleiert indem sie die grammatischen Steuerelemente unkenntlich macht. Mein Anliegen wurde es nun, eine Orthographie zu entwickeln, die dem tatsächlichen Lautstand des ostfriesischen Platt gerecht werden und seine grammatischen Strukturen zum Ausdruck bringen konnte. Dabei sollte sie klaren, überschaubaren Regeln folgen. Allerdings war es nötig, zu diesem Zweck einige Sonderzeichen bzw. zusätzliche diakritische Zeichen einzuführen was wohl der wichtigste Aspekt für die zu erfahrende Ablehnung wurde. Eine Kurzübersicht dieses Orthographiesystems wie es um 1975 entstand und in jüngster Zeit noch einmal überarbeitet und perfektioniert wurde, kann hier aufgerufen werden. Für die Entwicklung dieser Schreibweise war die Auseinandersetzung mit der Grammatik und Phonologie des ostfriesischen Platt unumgänglich. Nachdem ich aber meine frühere Arbeit an diesem Thema für lange Zeit unterbrochen hatte, ist vieles von den alten Aufzeichnungen verloren gegangen. Erst in jüngster Zeit gab es Anstöße, das noch erhaltene Material zu sichten, zusammenzustellen und Interessierten zugänglich zu machen. Gleichzeitig kam ich zu der Erkenntnis, dass eine weitere Arbeit an diesem Thema weniger eine Aufgabe im Interesse eigenen literarischen Schaffens denn ein Anliegen der Dokumentation und der Konservierung ist, zu einem Zeitpunkt, da solches gerade noch möglich ist. Schon längst gibt es für die Noch-Platt-Sprecher keine kommunikative Notwendigkeit für diese Sprache mehr. Künftig werden sich deshalb die Menschen der Region dieser Sprache noch mehr als heute schon aus bloßer Neigung bedienen und dies, so vermute ich, wird zunehmend in Schriftform geschehen, im Versuch, literarische Möglichkeiten auszuloten, Emotionales zu transportieren u.s.w. und gerade dafür wird die Dokumentation dessen, was diese Sprache noch vor wenigen Jahrzehnten war, welches Maß an Eigenständigkeit sie aufwies und in welchem Umfange sie zu differenzieren vermochte, welche Inhalte sie transportierte, welche Variante menschlicher Daseinsgestaltung sich in ihr spiegelte nützlich und förderlich sein.

(Alle Texte sollten zwischenzeitlich auch ohne Installation eines speziellen Schriftfonts korrekt dargestellt werden. Leider können weiterhin Angaben in internationaler Lautschrift (IPA) nicht angemessen dargestellt werden - ich verzichte deshalb in den neu gestalteten Textpassagen möglichst auf solche Angaben und verweise hierfür auf die verfügbaren Druckversionen)

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