Grammatik und Phonologie

Seit ich meine Beschäftigung mit dem ostfriesischen Platt wieder aufnahm, machte ich mich zunächst daran, die von früherer Arbeit her noch vorhandenen Aufzeichnungen zu suchen und durchzusehen. Vieles war im Laufe der Zeit verlorengegangen. Das, was sich noch auffinden ließ, fasste ich zu einem Heft zusammen, das ich Interessierten zugänglich machte.

Der Grammatikteil dieses Heftes war recht dürftig und es reizte mich, hier anzusetzen, um auf der Basis meiner früheren Arbeit eine umfassendere Darstellung zu verfassen. Deshalb trennte ich zunächst die drei Themenbereiche des oben erwähnten Heftes, fasste die Auswahl eigener literarischer Bemühungen in ostfriesischem Platt um einige weitere Texte ergänzt zu einem eigenen Heft zusammen, gliederte die Stellungnahmen zum Zustand und zu künftigen Perspektiven dieser Sprache zu späterer anderweitiger Verwendung aus, und machte den Grammatikteil zum Ausgangsmaterial für die erweiterte Darstellung.

Mittlerweile liegt diese umfangreichere „Betrachtung zu Grammatik und Phonematik des ostfriesischen Platt" (so der Arbeitstitel) als Rohmanuskript vor, das aber noch einer ausgiebigen Schlussbearbeitung unterzogen werden muss. Leider hat sich dies entgegen früherer Planung erheblich verzögert - nicht zuletzt weil noch neues Material einzufügen war. Für interessierte Kreise habe ich aber zwischenzeitlich eine Kurzdarstellung herausgegeben, die von einem gleichzeitigen Wörterbuchprojekt ausgehend angelegt ist. Hierzu wird es ab etwa Februar 2007 eine von Umfang und Inhalt her erweiterte Fassung geben.

Ein zentraler Aspekt der Betrachtung ist die Darstellung der drei Vokallängen (kurz, lang, überlängt) im ostfriesischen Platt in ihrer Funktion für die Bedeutungsunterscheidung und die grammatische Formenbildung. Dazu gehört auch die Erläuterung der sogenannten Vokalphonemgruppen. In diesen sind die jeweils zusammengehörigen Längenformen der Vokale zusammengefasst, denn nicht jeder Vokal kann alle drei Längenformen bilden. Die Zahl der Vokalphoneme ist allerdings größer als im Deutschen und es werden auch unterschiedliche Längenformen von Diphthongen gebildet. Bei den langen Formen der Diphthonge bekommt der zweite Bestandteil zusätzlich stärker vokalischen Charakter. Ein besonders wichtiges und auffälliges Charakteristikum sind die überlängten Laute, die aus einem langen im Ton ansteigenden Laut bestehen, der dann in seine kurze, dabei abgeschwächte, im fallenden Ton gesprochene Variante übergeht. Mitunter erscheint der fallende Teil wie neu angesetzt.

Dieses Werk erhebt zwar immer noch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit - ich habe nicht vor, eine in allen Punkten erschöpfende Grammatik des ostfriesischen Platt zu verfassen - bietet aber zu allen schon vorher bearbeiteten Aspekten deutlich mehr und genauere Einlassungen, breitet weitere, bis dahin unberücksichtigte Aspekte aus, vervollständigt frühere Aussagen, erhöht die Genauigkeit der Darstellung und korrigiert Fehler.

Im Gegensatz zu früher, als die Zielsetzung meiner Forschungen die Verwendung des ostfriesischen Platt für eigene literarische Zwecke war, verfolge ich mit der derzeitigen Arbeit vordringlich konservatorische Absichten und ich hoffe, dass mein Werk Anstoß zu kritischer Auseinandersetzung und ergänzender Forschung geben mag.