Wir dürfen davon ausgehen, dass St. Kilda seit dem Neolithikum von Menschen besiedelt war. Jedoch bezeichnet dies keinen exakt bestimmbaren Zeitabschnitt, sondern einen Zustand der materiellen Kultur. Das Neolithikum St. Kildas muss demnach nicht unbedingt zeitgleich sein mit dem der Britischen Inseln oder auch nur des benachbarten Festlandsschottlands.
Sicher fand die Erstbesiedlung zu einer Zeit milderen Klimas statt, zu der diese Inseln weit weniger siedlungsfeindlich waren als in historischer Zeit. Dennoch mögen die ersten Siedler wohl eher eine Rückzugsbevölkerung gewesen sein, die andernorts von Völkerschaften entwickelterer Kulturstufe verdrängt worden war. Welcher Volksgruppe jene ersten Siedler zuzurechnen wären, ist nicht mehr feststellbar.
Die Archäologie hat auf dem felsigen Grund der Inseln nur geringe Chancen, zur Erhellung der Frühzeit beizutragen.
Sicherlich ist aber die in historischer Zeit nachgewiesene Bevölkerung nicht unmittelbar verwandt mit jener frühesten Siedlergesellschaft. Ob überhaupt die Besiedlung ununterbrochen fortgedauert hat, oder ob voneinander unabhängige Besiedlungswellen nach längeren Leerzeiten eintrafen, lässt sich allenfalls mutmaßen. Die sich ändernden Klimafaktoren jedoch führten zu immer stärkerer Isolation der Inselgruppe.
Aus historischer Zeit ist bekannt, dass sich die Bevölkerung zeitweilig durch Zuwanderung von den Hebriden, seltener vom Festland her, aufstockte wobei allerdings keine größeren Umschichtungen erfolgten.
Die kritische Bevölkerungszahl für das Funktionieren der Gemeinde lag bei 100 Individuen, wurde aber häufig nicht erreicht. Frauen waren durchweg in der Überzahl. Diese leisteten zwar die meiste Arbeit, besonders auch sehr schwere oder unangenehme wie den Transport von Materialien aus den cleits zu den Häusern unter den unwirtlichen Witterungsbedingungen des Winters, dennoch hing das Wohlergehen der Gemeinschaft ab von der Anzahl arbeitsfähiger Männer. Der Hauptgrund hierfür war die besondere, auf dem Vogelfang basierende, Wirtschaftsform. Eine für Europa einzigartige Wirtschaftsform, die eingebettet in das besondere gesellschaftliche Gefüge, eine äußerst fremdartige Gemeinschaft formte. Die gefahrvolle Aufgabe des Vogelfangs war eine rein männliche Domäne, die über die Lebensmittelversorgung des Jahres entschied. Es scheint bei den Inselbewohnern eine Art physischer und psychischer Anpassung an diese spezialisierten Lebensverhältnisse vorgelegen zu haben.
Es gab in historischer Zeit wenige spektakuläre Bevölkerungseinbrüche durch Krankheiten wie Windpocken (1724), Lepra (1684) und Grippe (1913). Entgegen allen Erwartungen aber gab es verschwindend wenige Todesfälle durch Abstürze beim Vogelfang in den Klippen und durch Ertrinken. Die St. Kildaer waren zwar als Seeleute wenig geübt, dennoch wohlvertraut mit ihrer See und entsprechend vorsichtig.
Für uns ist von besonderer Bedeutung, dass die Schafe von Soay wohl bereits von den frühesten Siedlern - wer immer jene gewesen sein mögen - dorthin gebracht worden sind und dort verblieben, als jene gingen oder in eine neue Bevölkerungsgruppe aufgesogen wurden.
In späterer Zeit wurden die Soayschafe dem Eigentum des Inseleigners zugerechnet. Wenngleich von den Inselbewohnern gelegentlich genutzt, waren sie also Bestandteil des Landes, im Unterschied zu den Schafen von Hirta und Boreray, die, entwickelten Hausrassen zugehörig, Eigentum der Bewohner waren. Bei den letztgenannten Tieren handelte es sich zuletzt um Scottish Blackface, welche als letzte in einer Abfolge mehrerer Rassen die früheren St.-Kilda-Schafe verdrängten. Die St.-Kilda-Schafe gehörten zum Typ der Vierhornschafe und dürfen nicht mit den Soay-Schafen verwechselt werden.
Mutmaßungen wurden auch angestellt, ob die Soayschafe von wikingischen Siedlern eingeführt worden sein könnten.
Offene Fragen der Siedlungsgeschichte werden auch durch Ortsnamen nicht wesentlich erhellt. Sie sind teils gälisch, teils nordischen Ursprungs. Es gibt Indizien für wikingische Besiedlung, doch letztlich muss dieser Punkt als ungeklärt gelten und wird auch teilweise bestritten.
Rätselhaft ist selbst der Name St. Kilda. Nur für die Hauptinsel Hirta ist Besiedlung nachgewiesen. Von deren Einwohnern nun wird berichtet, dass sie kaum je den Namen St. Kilda (den ja keine der Inseln trägt) benutzten. Ein Heiliger entsprechenden Namens ist unbekannt. Wenn Steel zur Erklärung das spezielle gälische Idiom von St. Kilda heranzieht, in dem das "h" von Hirta deutlich guttural und das "r" nahezu wie "l" gesprochen wurde (St. Kilda wäre dann eine Verballhornung von Hirta), mag das vielleicht nicht zutreffen, sicher geht der Name aber auf einen Hörfehler oder die Mängel einer weitgehend ungeregelten Orthografie früherer Zeiten zurück.
Das Erscheinungsbild der bekannten St. Kildaer war gälisch mit erkennbar nordischem Einfluss, der von Zuwanderung von den Hebriden herrührte.
Dieses Volk lebte bis in neueste Zeit weitgehend isoliert, ganz auf sich allein gestellt, und hatte alle Lebensbedürfnisse aus dem Angebot der Inseln zu befriedigen. Dies schuf eine im europäischen Raum einzigartige Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur.
Wie schon erwähnt, scheint die besondere Lebensweise bei den Inselbewohnern von St. Kilda auch zu einer speziellen physischen und psychischen Anpassung geführt zu haben, dank derer es ihnen beispielsweise leicht wurde, Gefahrensituationen, die der Vogelfang mit sich brachte, hinzunehmen und zu meistern. Ihre Isolation prägte das Verhältnis zur Außenwelt und bestimmte die Art der Außenweltwahrnehmung.
Mit Ausnahme eines kurzzeitigen Zwischenspiels haben die St. Kildaer dem Fischfang niemals besondere Beachtung geschenkt. Es herrschte eine Abneigung gegen Fisch als Nahrungsmittel, und bei der Gefährlichkeit des Fischfangs in den Gewässern um St. Kilda konnte selbst die Aussicht auf hohen Verkaufserlös die Leute nicht dazu bewegen, ein Boot zu riskieren.
Ihren Lebensunterhalt bestritten sie weit überwiegend aus den Seevögeln, die zu zigtausenden auf den Inseln und vorgelagerten Felsen nisteten.
Das Klima und die biologischen Rhythmen der Seevögel bestimmten den Lebensrhythmus und das Verhältnis zur Zeit.
Die Landwirtschaft war wenig entwickelt. Zu manchen Zeiten wurden zwar durchaus beachtliche Erträge erzielt, zu anderen lag sie dagegen weitgehend darnieder.
Der Fang von Seevögeln und das Sammeln der Eier bildeten die wirtschaftliche Grundlage der Inselgesellschaft. Federn waren ein wertvoller Exportartikel. Ebenso das Öl, das man aus dem Fett des Eissturmvogels gewinnen konnte, welches vor allem zu medizinischen Zwecken genutzt wurde. Selbst die Eier waren zeitweilig Handelsware. Vor allem aber bedeuteten eine Unzahl von Seevogeleiern sowie die Vogelkörper die Nahrungsgrundlage der Insulaner. Unerhörte Mengen von Vögeln wurden alljährlich eingesalzen und für den Winter gelagert.
Diese außergewöhnliche und einmalige Lebensgrundlage fand sogar ihr Echo in einem am 24. Juni 1869 verabschiedeten britischen Gesetz zum Schutze der Seevögel, von dessen Bestimmungen St. Kilda ausdrücklich ausgenommen wurde.
Neben den in waghalsigen Klettertouren gewonnenen Vogelprodukten hatte für die Insulaner als Handelsware die Wolle - überwiegend verarbeitet - große Bedeutung. Gewonnen wurde sie von den Hausschafen durch Schur mittels einfacher Messer, von den Soay-Schafen durch Abnehmen der bereits gelösten Wolle - beides kein leichtes Unterfangen, galt es doch zunächst, die Schafe einzufangen (auch die Hausschafe auf Hirta und Boreray bewegten sich frei), was durch Hetzen bis zur Erschöpfung erreicht wurde. Hinzu kamen noch die Probleme des Übersetzens zu den Nachbarinseln und deren schlechte Zugänglichkeit.
Die so gewonnene Wolle wurde, nachdem sie versponnen war, während der Wintermonate von den Männern der Gemeinde verwebt.
Für die Ernährung der Inselbewohner dagegen spielten die Schafe nur eine untergeordnete Rolle. Schaffleisch wurde sehr selten gegessen und diente eigentlich nur als Notration. Schaffleisch war auch nie ein Exportartikel der Inseln.
Durchaus genutzt wurde die Milch, die zusammen mit Kuhmilch überwiegend zu Käse verarbeitet wurde.
Als James IV die schottischen Inseln unter seine Oberhoheit aufnahm, nahm er St. Kilda aus, weil er den Insulanern wegen der Abgelegenheit der Inselgruppe seinen Schutz nicht garantieren konnte.
Über die Zeiten unterhielten die Bewohner von St. Kilda keinerlei direkten Beziehungen zum britischen Königreich und dessen Regierung. Sie stellten eine Art Naturvolk mit eigenständiger Sozialordnung und Innenpolitik dar.
Die Inseln waren bis über das Ende der Besiedlung hinaus Eigentum eines auswärtigen Clansherren und damit Teil eines altertümlichen Feudalsystems, das bis in die Neuzeit hinein funktionstüchtig blieb. Die Steuerpflicht gegenüber dem Eigner erfüllten die Inselbewohner auf indirektem Wege über den Handel indem einmal jährlich ein Abgesandter des Clansherren anreiste und die zu exportierenden Güter übernahm, deren bestmögliche Vermarktung dann der Feudalherr betrieb.
Aus den erzielten Einnahmen wurde sodann der Steueranteil abgezweigt, der Rest in Naturalien wie Saatgut oder angeforderten Gebrauchsgütern angelegt, die dann beim nächstjährigen Besuch den Insulanern übergeben wurden. Die Ansprüche der Inselbewohner bewegten sich dabei in bescheidenem Rahmen, manche ihnen nahegelegten Neuerungen wurden aus einer konservativen Geisteshaltung heraus sogar zurückgewiesen.
Dank des eben erläuterten Systems blieb der Inselgemeinde bis in die Anfangsjahre des 19. Jahrhunderts Geld weitgehend fremd. Ein Faktum von Bedeutung für spätere Entwicklungen.
Unter solchen Lebensbedingungen permanenter relativer Armut konnten sich keine im Besitz begründeten Unterschiede zwischen den Gemeindemitgliedern herausbilden. Außerdem war wegen des ständigen Überlebenskampfes in der zahlenmäßig eng begrenzten Kommune jeder der Gemeinschaft vollauf verpflichtet.
Dieses Gefüge, in sich komplexer als es im Rahmen dieses Textes dargestellt werden soll, begann durch äußere - durchweg gut gemeinte und vollauf lautere - Einflüsse zu zerbrechen. Eine Entwicklung, die mit der totalen Evakuierung von 1930 endete. Zumindest auf den Inseln; für die Menschen war auch dann noch Vieles nicht ausgestanden, traten neue, ungeahnte Probleme erst auf den Plan.
Hätte es anders verlaufen können ? Der Wandel der Zeit hätte zwangsläufig vermehrte Kontakte zum Festland gebracht und damit Veränderungen erzwungen.
Tatsächliche erste, ernstere Veränderungen waren dem gutgemeinten Wirken einzelner Kirchenmänner zuzuschreiben. So segensreich darunter z.B. die Neugestaltung der Siedlung von Village Bay der Jahre 1836 bis 1838 unter Anleitung von Rev. Neill McKenzie gewesen sein mag, so lähmend waren beispielsweise die langjährigen Aktivitäten eines Reverend J. Mackay. Dann gab es Schulprogramme, gut gemeint, jenem Zeitgeist verhaftet, der da glaubte, man brauche den einfachen Menschen nur zu alphabetisieren, schon bessere sich sein Leben.
Den St. Kildaern hätte vielleicht die Vermittlung praktischer technischer Fertigkeiten geholfen, die es ihnen ermöglicht hätten, Anschluss an neue oder veränderte Märkte zu finden, bzw. ihre Produkte für bestehende Märkte zu verbessern und so den Handelswert zu steigern.
Unter den bestehenden Verhältnissen aber hatte den nachhaltigsten Einfluss auf den Niedergang dieser Gesellschaft wohl der um 1800 einsetzende Tourismus. Zur Demoralisierung der Menschen, die sich zum Schauobjekt verkommen sahen, kam die korrumpierende Wirkung jenes Umgangs mit Geld, den die Besucher vorführten (so, wie man auch heute beobachtet, wie der Tourismus entlegene Kulturen unserer Welt zersetzt).
Hinzu kam eine selbstgefällige Mildtätigkeit, die unter Mitwirkung bereits bestehender Irritationen dazu führte, dass die Leute ihren von altersher festgelegten Lebensrhythmus mitsamt den zugehörigen Tätigkeiten vernachlässigten oder aufgaben, was die Gemeinschaft immer umfassender von auswärtiger Unterstützung abhängig machte und Notlagen vermehrt nach sich zog, die nicht mehr wie früher aus eigener Kraft bewältigt werden konnten.
Am 29. August 1930 wurde dann die gesamte Bevölkerung von Hirta evakuiert, eine Neubesiedlung der Insel - trotz vieler Interessenten - untersagt.
Die St.-Kilda-Inseln wurden 1934 vom damaligen Eigner, Sir Reginald MacLeod an den 5. Marquis of Bute veräußert, der sie dem National Trust for Scotland vermachte, welcher sie der Nature Conservancy verpachtete. Letztere überließ ein Teilareal der britischen Luftwaffe, die dort eine Radarleitstation für die Raketenbasis von South Uist unterhält.